Ich überfordere Menschen
Ich bemerke immer wieder, dass ich Menschen überfordere – das habe ich schon oft vom Gegenüber gehört.
Seit geraumer Zeit weiss ich nun auch, dass ich die vermittelte Theorie der gelehrten Arbeitsagogik überfordere, weil ich zum Verknüpft und Querdenken befähigt bin.
Als Quelle des Projektdenkens galt dieses im Seminar 2018 gezeigtes Plakat.
Folgender Satz begleitete den Schlusssatz der Seminarleitung: Diesen bedeutenden Kriterien sollten bei einer Zielvereinbarung mit dem Klienten besonders Beachtung geschenkt werden |
Vor einiger Zeit habe ich meinen Abschluss als diplomierter Arbeitsagoge IfA bestanden – ja bestanden, mit dem Präsentieren des letzten Projektes, vor 12 Teilnehmer, die ich nicht kannte und mit der später erfolgten, schriftlichen Beurteilung „Gute Präsentation“
Eine Vielzahl von Menschen wären nach dieser Mitteilung sicherlich happy gewesen – ich war es damals überhaupt nicht. Ich musste das zuerst verarbeiten, dass das schulisch vermittelte, mich zum Objekt gemacht haben will. Sein dürfen, gibt es nicht. Das vorgetragene musste diesen genauen Ablauf einhalten, diesen persönlichen Inhalt berücksichtigen, genau diese Merkmale der Erwartungen der Vorstellungen erfüllen, die erlernte schulische Schablone musste passen. Das System wollte ein Objekt denken und handeln. Hatte das System bei mir versagt?
Wieder einmal stand ein zentraler Punkt im Fokus, der einiges in mir ins Rollen gebracht hat. „Du hast mich beim Präsentieren überfordert“ (Aussage der Seminarleiterin) – diese Aussage musste ich zuerst einmal in Kongruenz in mir bringen, weil die Aussage doch eher heissen sollte; du hast nicht das gemacht, was ich erwartet habe. Das Ganze wurde auch noch unter einem Deckmantel betitelt; du hast uns alle im Raum überfordert, weil „du liest von deinen Notizen inhaltlich dichte Sätze, was es für die Zuhörenden nicht leicht macht dir zu folgen“.
Meine Hauptbotschaft, in meiner Präsentation beim Präsentieren handelte, vom wollen, können und dürfen und meiner eigenen Gleichungen und Verknüpfungen daraus; mit wollen, das ist Eigenmotivation / mit dürfen, das ist Fremdmotivation / und mit können, dass die resultierende Kompetenz daraus ist.
Dieses eigens entwickelte Modell wurde nicht verstanden (es überforderte), weil ich die vier W in der Arbeitsagogik, als notwendig, sehr bedeutend und den Klienten im Mittelpunkt bezeichnete und mein entwickeltes agogisches Unterstützungsmodell daraus resultiert.
Für mich ist dieser Vergleich mit den Gleichungen aber zentral, um Arbeitsagogik für mich zu verstehen und fördern zu leben, um vom Klienten nicht nur zu fordern, sondern gezielt zu fördern. Die Balance halten mit; womit – wodurch – wie – welche.
Diesen Sachverhalt wollte ich präsentieren – meinen Kompetenznachweis mit bestem Wissen und Gewissen vortragen.
Die erwartete Auswertungsschablone passten nun nicht.
Meine komplexere Präsentation wurde von den Anwesenden nicht emphatisch empfangen, zurückgespiegelt, sondern mit eigenen Erwartungen abgeglichen und verglichen.
Ein Kongruenz-Desaster beidseitig erfüllte den Raum. Im Vorfeld war ich der Überzeugung, was ich vorbereitet und präsentiere, hat inhaltlich nicht so einen grossen Wert, sondern es geht um das, wie mache ich es. Präsentieren eben und aufzeigen, was ich, für einen Fachauftrag als Kompetenznachweis eingereicht habe.
(Der Kompetenznachweis wurde schon vorausgehend, als gut bis mustergültig abgesegnet.)
Wie kam es zum Desaster?
Um 11:20h durfte ich meine, schon lange Zeit vorbereitete und zum x-ten Mal abgeänderte Präsentation, meiner letzten Projektarbeit, vor einer fremden Klasse und einer fremden Seminarleiterin der Lehrinstitution präsentieren.
Alle 12 Zuhörer waren vor Beginn meiner Worte und Medien gespannt, was ich den jetzt präsentieren würden. Ich war ein Jahr weiter in meiner Ausbildung, als diese besagte Seminarklasse.
Ich war eher ruhig und doch etwas nervös. Ich spürte die Erwartungen der Zuhörer, förmlich im Raum. Meine Präsentationsunterlagen bestanden aus einem gepuzzelten Plakat und drei Folien. Pädagogisch sehr wertvoll aufgebaut, dachte ich. Das Plakat habe ich in neun Puzzleteile aufgeteilt und zerlegt, die ich einzeln vortragen habe, weil jedes Teil ein Einzelteil, des Fachauftrages abhandelte. Eine hervorragende Idee, wie ich annahm und dies auch durch die Aufmerksamkeit, der Anwesenden zu bemerken erahnte. Ich habe damit auf die Neugier des Menschen abgezielt und hatte damit auch Erfolg, wie mir das später in der mündlichen Reflexion auch bestätigt wurde.
Ich erzählte den Inhalt der einzelnen Puzzleteile. Für mich war der Inhalt eher abgeschwächte Kost mit Basisverständnis aufnehmbar, meine ich zumindest. Ich weiss ja, dass ich im Vorfeld, die Versionen der Wortwahl etwa 20x abgeändert habe, weil ich sie anpassen wollte, damit es verstanden werden konnte.
Nach dem dritten Puzzleteil sah ich in der Mimik und bemerkte an den Körperhaltungen der Anwesenden, dass etwas nicht so ankam, wie ich es glaubte, durch Worte, Körpersprache und Mimik meinerseits, zu senden. Es entstand, eine von mir aufgenommene inkongruente Stimmungslage.
Es kam, wie es wahrscheinlich kommen musste. Mein Körper, mein Geist und meine Seele, haben begonnen immer mehr zu erstarren. Die eine Ebene der Kommunikationsvoraussetzung war gestört. Mein ganzer Körper begann, mich zu schützen. Ich habe dagegen gehalten, ich musste ja weiter präsentieren. Die vorbereiteten Worte klemmten oder ich vergass Textzeilen und Inhalte des vorbereitenden. Mein Nervensystem versuchte die Eindrücke immer wieder auszukorrigieren. Am Schluss meiner Präsentation angekommen, habe ich mich noch, mit einem vollkommen trockenem Mund und fast erstarrtem Körper, geoutet mit den Worten „Weil ich Eindrücke intensiver verarbeite, mit meinem Wesenszug als Hochsensibler“ war dies wahrscheinlich nochmals zu viel, für die 12 anwesenden Zuhörer.
Mit den Worten „Ich bin jetzt fertig“ holte ich die Zuhörer wieder aus ihrer erlernter Erwartungshaltung und einer, nicht danach erfolgten Präsentation, weil Gefühle und Sachinhalte gesendet und empfangen wurden. Ein echtes Wagnis meinerseits. Vielleicht schwingen auch deren Gedanken mit, dass darf man doch nicht.
Sekunden der Stille, die sich wie Minuten anfühlten, erfüllten den Raum. Ich fühlte mich wie von einem anderen Universum und die anderen anwesenden, wie ich interpretierte, komplett überrannt und überfordert. Eine beidseitige Desastersituation steht im Seminarzimmer. Es folgte das Feedback:
Von den zuhörenden Seminarstudierenden:
Die Feedbackregeln wurden von den 11 Seminarteilnehmer eingehalten. Sie gaben die Rückmeldung zwar kritisch und konstruktiv, wertschätzend, einfühlsam, wohlwollend und sehr verständnisvoll – wir waren ja im gleichen Boot, teilten sie mir unbewusst mit! - in diesem Moment war ich zufrieden.
Es folgte das Feedback der Seminarleiterin:
Von den 7min waren genau zwei Sätze wohlwollend, danach nur noch destruktiv und nur sachlich formulierte und von mir empfangene Kritik, was sie den anders machen würde und dann kam die Aussage; Ich bin überfordert, ich weiss gar nicht mehr wie die Frage gelautet hat, hast du überhaupt eine Frage mitgeteilt und was war denn jetzt die Hauptaussage deiner Präsentation und die agogische Botschaft. Das vorgetragene hörte sich sehr unverständlich aber viel wissend an. Zwar war das zumindest gut, das Puzzle, man sieht es aber zu wenig am Boden, ich hätte es besser aufgehängt u.s.w. Am Schluss kein Wort über du hast erfüllt oder nicht erfüllt, eventuell bewusst oder eventuell unbewusst. Mein schon auf Hochleistung gekitzeltes Nervensystem musste korrigierend eingreifen. Ich fragte mit den Worten nach; mir fehlt nach dem ganzen Feedback noch eine zentrale Bemerkung; Sie sagte „Du meinst, ob du bestanden hast oder nicht“ ich bejahte, schon fast kniend und fügte an „Ich höre genau auf solche Feinheiten“ Sie sagte, dass wollte sie mir nachher im Zweiergespräch mitteilen, aber ja, ich habe bestanden. Das Resultat ist zwar nur genügen, aber ja es reicht. Sie fügte die Frage an; du hast schon eher einen Fachauftrag präsentiert oder eine Facharbeit? Was kann Überforderung anrichten, wenn es nicht mehr nur um eine erwartete Sache geht! Sondern, auch noch Gefühle mitschwingen, dachte ich unbewusst und packte meine Unterlagen, so gut und so schnell es ging, mit einem Gefühl eines geschlagenen Hundes und dem mitgeteilten Wissen, dass ich überfordert habe, aber auch das ich erfüllt habe, zusammen.
Wieder einmal mehr – Ich habe Menschen mit meiner anderen Vorgehensweise mit meinem Wesenszug überfordert und ich bin schuld daran und das nur, weil ich zum Objekt einer Sache gemacht wurde. (genau so hat es zu erfolgen) dieses Gefühl musste ich mindestens vier Wochen mit mir herumtragen. Ich habe, entgegen der Erwartungen, mit viel Glück und Entgegenkommen der Seminarleiterin bestanden. Aber das miese Gefühl wurde ich nicht gleich los, weil ich nicht loslassen konnte, zum Objekt in der Situation einer Sache gemacht worden zu sein und nicht als Subjekt angenommen und wohlwollend behandelt wurde.
Ich habe die Empathie, dass nicht jeder soziale Mensch, in einer individuellen Situation, die Vorkommnisse gehirntechnisch emphatisch verarbeiten kann, aber nicht einmal Verständnis oder den Überblick, für eine andere Vorgehensweise, beim Präsentieren. Überforderung stellt die eigenen Erwartungen, der eigenen Schablone im Denken und im Handeln in den Vordergrund, auch das ist nichts anderes, als eine Schutzbewältigung in der Situation. Eindeutig ist das eine Sache von Charakter.
Heute verstehe ich den wesentlichen Unterschied vom senden und empfangen.
Die allermeisten sozial normalen Menschen haben eine sozial normale Schablone, mit der sie alles als richtig oder falsch beurteilen. Das ist für sie auch notwendig. Sie haben es ja so gelernt bekommen, das wird schon stimmen und es gibt nichts links und nichts rechts ausser dieser Norm, was man selbst als Normal bezeichnet. Das Schulungssystem und auch das Seminarsystem läuft damit äusserst prima.
Was soll man denn hier hinterfragen? Das bringt ja mich zur Überforderung. Eine zweite oder sogar eine dritte Schablone gibt es nicht – das gibt es einfach nicht – das ist mir zu anstrengend – diese Haltung und das Verhalten daraus, ist damit eingebrannt, mit der Erkenntnis; das ist mir zu kompliziert – das überfordert, was andere, mit dem Feedback mit der entsprechenden Schablonen und dem Verhalten der Reaktion darauf, erfahren müssen, betrifft die anderen.
Ich behaupte, das ist einfach nur Bequemlichkeit! Etwas zu Glauben und/oder zu hoffen, mit der Verteidigung, zu Wissen. Man zweifelt oder hinterfragt nicht sein eigenes Verhalten, sondern nur das Veralten des Gegenübers. Diese eine Schablone muss passen, ansonsten …
Arbeitsagogen und Arbeitsagoginnen sollen beeinträchtigte Menschen fördern. Das ist ja ausgezeichnet, lernt man ja so. Dass man das individuell und situativ machen sollte, ist auch optimal zu hören. Diese Worte mit Empathie umzusetzen, ist schon eine Stufe höher. Und jetzt noch zu Wissen voraus, die situative und individuelle Empathie besteht, ist schon zu kompliziert und wird nach meiner Meinung, nur noch aus einem bestimmten Grund passend interpretiert. Dies, weil es in der Situation überfordert, mit der eigenen, eingebrannten Erwartung und der einen angewendeten Schablone.
Der Mensch wurde bequem gemacht in jeder Hinsicht; er ist damit ausgezeichnet handelbar im arbeitsagogischen Alltag, von wirklicher gelebten Selbstständigkeit und Selbstbestimmung kein Ansatz mehr. Das genau fordert aber jeder Arbeitsagoge täglich von seinen Klienten. Ich frage jetzt einfach mal, was fördert die Arbeitsagogik, mit dem theoretisch unantastbar geschulten, denn jetzt genau? - die eine Schablone, weil die Normalen die verstehen und die beeinträchtigten die verstehen sollten, weil das logisch ist, oder? …
Ich überfordere den sozialen Menschen. Ja, das mache ich, weil ich Mut zur Lücke lebe. Mit Bequemlichkeit kann ich nicht viel anfangen, auch wenn diese andere Schablone oder die vielen anderen Schablonen, der normal gesunden Menschen, nicht passen wird.
In der täglichen arbeitsagogischen Arbeit habe ich diese Haltung und dieses Verhalten;
Ich erwarte in der Situation nur etwas, wenn ich selbst bereit bin, etwas situativ und individuell zu ermöglichen und zu geben.
Bei der Präsentation holte mich mein eigenes eingebranntes früher erlernte Verhalten und die damit verbundene Haltung ein, deshalb kam es zum Desaster und meiner Inkongruenz. Ich habe mein Verhalten und meine Haltung an meine Seele angepasst, jetzt darf ich noch an den meinen eigenen Erwartungen arbeiten. - Danke vielmals, allen Beteiligten bei meiner Präsentation für diese Erkenntnis. - DANKE
Meine Erwartungen waren:
Die anwesenden werden mich verstehen, das sind ja Arbeitsagogen und Arbeitsagoginnen wie ich. Wir sind aus demselben Holz geschnitzt, die Denkweisen sind identisch und ich habe die gewählten Worte x-mal angepasst. Das wird eine einwandfreie Präsentation.
Ihre Erwartungen waren:
Die eingeschulten Schablonen im Denken; wie hat so eine Präsentation gestaltet zu sein. Das Plakat ist doch nicht gepuzzelt. Ich sehe immer das ganze Plakat, wo jeder nachlesen kann. Das ist doch alles theoretisch so erlernt in den Seminarstunden. Jetzt kommt da jemand, macht es ganz anders, sogar eigene Modelle, von denen ich noch nie gehört habe, muss ich noch mit denken und verarbeiten. Ich wollte doch nur konsumieren und mich amüsieren und jetzt muss ich überlegen.
Meine Schlussfolgerung daraus;
Sie fand die Präsentation nicht Schubladen gerecht, ich finde sie immer noch super gelungen und lasse mich damit nicht stigmatisieren. Ich bin stolz darauf, dass ich die Präsentation so durchgezogen habe, wie ich sie vorbereitet habe. Das präsentieren, erlebte und gefühlte blende ich damit aus und scheiss darauf – Hauptsache bestandenen und mit guter Präsentation erfüllt, was ich nie erwartet hätte, nach diesen ihren Erwartungen;
mit den nährenden Gedanken;
Du bist OK – Ich bin OK – Wir sind OK